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Schattenorchester I

 

 



Schattenorchester III

 

 

 


Percussives Ensemble

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

bildOrchester

Peter Vogel Kellerorchester 1989

 

Klänge mit mechanischen Mitteln (aus Klang - Bewegung - Licht, Peter Vogel - ein Werkbuch):

Eine Installation, bei der die Klänge mit mechanischen Mitteln, d.h. mit Instrumenten erzeugt werden, entstand erstmals 1989 anlässlich einer Ausstellung in der Galerie Giannozzo in Berlin. Im Erdgeschoss war die "Große Klangwand" installiert, und im Keller war das "Kellerorchester" aufgebaut. Eine Steuerelektronik mit Fotozellen beeinflusst Klöppel und Motoren, die durch Schlagen, Reiben und Zupfen Metall-, Holz- und Saiteninstrumente zum Klingen bringen. Viele der relativ leisen Instrumente hatten piezoelektrische Tonabnehmer, die an einen Verstärker mit Lautsprechern angeschlossen waren. Alle darauf folgenden Orchester-Installationen funktionieren nach dem gleichen Prinzip, unterscheiden sich aber in ihrem Klangcharakter, in ihrer tonalen und rhythmischen Struktur. Jedes dieser Orchester ist eine Komposition von Klangmaterial, mit dem der Betrachter nach seinen Vorstellungen improvisieren oder komponieren kann.

Peter VogelEntwurfskizze für Klanginstallation

Das Kellerorchester und die interaktive Jazzmaschine. Für den Keller der Galerie gab es keine Vorgaben, ich konnte also frei experimentieren und meinen Jugendtraum von der" Jazzmaschine" verwirklichen; kurz nach dem Abitur hatte ich die Vision von einer Maschine, die aus vielen Instrumenten besteht, eine Art Orchestrion, die aber von einem oder mehreren Menschen gespielt werden kann. Ich machte davon eine Zeichnung (die nicht mehr existiert), die in meiner Erinnerung dem von Mauricio Kagel entworfenen "Einmannorchester" ähnlich sah. Auf dieser Zeichnung waren Trompeten, Geigen, Trommeln und Teile eines Klaviers zu sehen.
In dieser Keller-Installation jedoch verwendete ich klingende Metallteile, Holz und eine alte Zither, auf der Klöppel durch einen Motor herumgewirbelt wurden und aleatorische (zufällige) Tonfolgen erzeugten. Es gab einen Holzkasten und runde Metallscheiben verschiedener Größen, die durch Klöppel angeschlagen wurden. Trommelgeräusche entstanden durch Schläge auf Lautsprechermembranen, die wie ein Mikrofon wirkten. Die Rhythmen aller mit Magneten angetriebenen Klangkörper standen in bestimmten zeitlichen Verhältnissen zu einem Grundtakt (3/4-, 4/4-, 9/4- und 10/4-Takte), während die von Motoren angetriebenen Zufallsfolgen nur in ihren Dauer- und Stille-Phasen dem Grundtakt gehorchten. Auf einem Holzbrett war die Steuerelektronik montiert, aus der die Sensoren nach oben herausragten.

Schattenorchester I (1989). Zufall und Notwendigkeit. Nach der Ausstellung bei Giannozzo wurde mir angeboten, das "Kellerorchester" in der Akademie der Künste in Form einer Performance zu präsentieren, was aber mit den am Boden liegenden Klangkörpern nicht möglich war. Die Instrumente und die Bewegungen der Klöppel sollten für ein großes Publikum sichtbar werden, so beschloss ich, die ganze Installation umzubauen und mit einer Lampe vergrößert auf eine Wand zu projizieren. Die projizierbaren Instrumente übernahm ich, und einige neue kamen hinzu: Eine kleine und eine große Harfe mit senkrecht gespannten Saiten, die durch rotierende Klöppel angeschlagen wurden, ein Gestell mit fünf Hallfedern und zwei kleine Becken die tiefe Saite, ein Blech und eine mit Bogen gestrichene Saite stammten aus dem Instrumentarium des Kellerorchesters. Die Elektronik wurde komplett neu aufgebaut, hatte 10 Sensoren und war in einem Holzkasten untergebracht. Jedes Instrument konnte gesondert in Bewegung gesetzt werden. Bis auf den Streicher, das Blech und den Holzblock konnten die Kombinationen (z.B. mehrerer Hallfedern und Saiten) und auch die Rhythmen variiert werden.
Die musikalische Struktur des Schattenorchesters I ist charakterisiert durch die Möglichkeit, aleatorischen Tonfolgen (z.B. die Harfe) determinierte repetitive Rhythmen (die percussiven Instrumente) zu überlagern. Zufall und Gesetzmässigkeit zu mischen, war für mich zunächst ein Experiment; es zeigte sich aber, dass die einem strengen Rhythmus überlagerten aleatorischen Tonfolgen wie eine von Menschen hervorgebrachte Improvisation klingen. Die synkopenartigen zeitlichen Ungenauigkeiten erzeugen eine Lebendigkeit, wie man sie einer Maschine nicht zutrauen würde. Vielleicht ist das gar nicht so verwunderlich, da die mechanische Bewegung der Klöppel ein Vorgang ist, wie man ihn in der Natur ständig findet.
Die optische Struktur erinnert an eine utopische Stadtlandschaft oder ein Industriegelände; das skurrile dieser Installation ist aber die widersprüchliche Gegenüberstellung von zeitgenössischer elektronischer Steuerungstechnik und der antik anmutenden Klangerzeugung durch Schlagen, Kratzen und Streichen. Dieser Gegensatz ist für mich einerseits Sinnbild für unsere bis in den trivialsten Alltag reichende Technisierung und andererseits ein Hinweis auf den Widerspruch zwischen dem High-Tech-Zeitalter und den seit Jahrtausenden fast gleichgebliebenen menschlichen Bedürfnissen und Verhaltensweisen. In unserer Zivilisation werden archaische Bedürfnisse mittels höchst komplizierter und nicht mehr zu durchschauenden Apparate befriedigt.

PV Schattenorchester I (1989)

Schattenorchester II (1993), das Spiel mit Obertönen und Geräuschen. Die Schattenorchester sind Installationen, die im Grenzbereich zwischen Bildender Kunst und Musik liegen. Bei allen folgenden lag die Weiterentwicklung im Wesentlichen im Erfinden neuer klanglicher und rhythmischer Formen. So lag beim Schattenorchester II die Betonung auf komplexen Rhythmen mit sehr vielen Variationen (z. B. hat das sieben-stimmige Metallophon, genannt Xylophon, 128, das Trommel-Ensemble 64 Variationen) und einigen neuartigen Instrumenten:
Die zweisaitige Harfe und die sechssaitige Harfe mit gezupften Klängen, die mit Klöppel angeschlagenen vier Metallstäbe, zwei Bleche mit schlagenden Besen, eine Harfe mit fünf Saiten, wovon durch dosiertes Regeln eines Motors eine Saite zur Resonanz gebracht werden konnte, und die "Reibebleche" , bestehend aus zwei Blechen, aut denen durch Motoren angetriebene Metallstifte ein metallisches Rauschen mit wechselnden Klangfarben erzeugten. Bei der fünfsaitigen Harfe und bei den Reibeblechen war dem Betrachter-Spieler zum ersten Mal die Möglichkeit gegeben, durch genaue Dosierung (Dauer) der Abschattung die Tonqualität, d.h. Klangfarben und Intensitäten zu beeinflussen. Auch hier werden die Rhythmen der percussiven Instrumente von einem Grundtakt synchronisiert und sind repetitiv. Mit ihnen lassen sich minimal-music-artige Sequenzen erzeugen, die Klänge der Harfen und der Reibebleche sind jedoch aleatorischer Natur. Die Tonhöhen sind harmonisch aufeinander abgestimmt, wobei die Stimmung vom Xylophon vorgegeben ist.

(Im Besitz des Landesmuseums Mainz - Internet Link No.24 )

PV stark vereinfachte Reaktions-Partitur


Schattenorchester III (1998/99), einfacher Rhythmus - komplexe Klangstrukturen, ein Techno-Orchester. Einfache 8/8-Takte bestimmen die repetitiven Rhythmen, und die Klänge sind durch Präparation der Instrumente nicht mehr identifizierbar. Bei den vorausgegangenen Orchestern konnte man beim Anblick eines Instruments den Klang erahnen, hier klingen Saiten nicht nach Saiten, Blech klingt nicht nach Blech und Holz nicht nach Holz. Die Präparierungen bestehen darin, dass der Klangkörper zeitweise mit Filzdämpfern oder Metallteilen in Kontakt gebracht wird und damit das originale Schwingungsverhalten gestört wird, in dem nichtharmonische Obertöne entstehen. Die Methode ist in den 50er Jahren von John Cage an Klavieren erstmals eingesetzt worden, wobei er allerlei Materialien (Schrauben, Filz und vieles andere) zwischen die Saiten klemmte und so den Klang drastisch veränderte.
Die einfachen Rhythmen waren ursprünglich als Kontrast zum komplexen Klang gedacht, jedoch war ich zu dieser Zeit von Technomusik (die Techno-Klangwand entstand 1996) beeinflusst, wo dem Rhythmus wenig, dem "Sound" aber viel Aufmerksamkeit geschenkt wird. So machte ich das etwas unzeitgemäße Experiment, die normalerweise elektronisch erzeugten Techno-Sounds durch das Präparieren archaischer Instrumente hervorzubringen. Die skurrilen Formen der Instrumente - obwohl rein funktional konstruiert - verstärken das eigentlich Absurde dieses "Techno-Orchesters".

PV PV PV

Percussives Ensemble (1990/91). Diese Installation besteht aus sieben Instrumenten, die nur durch Klöppel angeschlagen werden. Wie bei den Schattenorchestern werden die Klangfolgen durch Schatten auf sechs Fotozellen in Gang gesetzt, die zusammen mit der Elektronik in einem Steuerkasten untergebracht sind. Die Klänge der Instrumente sind nicht verstärkt, dafür sind die Klöppel-Magnete kräftiger als bei den Orchestern. Die Installation kann variabel aufgebaut werden und beansprucht maximal zwei Quadratmeter an Grundfläche. Die Rhythmen sind repetitiv und durch Überlagerung unterschiedlicher Metren (18/8-, 9/8- und 10/8-Takte) von hoher Komplexität. Variationen entstehen nicht nur durch den Einfluß des Betrachter-Spielers, sondern auch durch "innere" Impulse (automatische Änderungen in der Sytemstruktur, die von außen nur indirekt zu erkennen sind). Die Dauer der Abschattung hat Einfluss auf die Dauer der einzelnen Sequenzen. Die Instrumente: Große Rahmentrommel, zwei kleine Rahmen- trommeln. Metallophon (gestimmte Metallzungen auf einem Resonanzkörper montiert. mit sechs Klöppeln), Blechbüchse, zwei Holzblöcke, Blechplatte.